Wer eine Perspektive hat braucht keine rechtsextreme Ideologie

BERGHEIM/RHEIN-ERFT-KREIS: (03. 02. 2016) „Im Rhein-Erft-Kreis sind rund 5000 Jugendliche arbeitslos, 2034 von ihnen sogar länger als vier Jahre. Armut und Perspektivlosigkeit sind die Folge. Rechtsextreme Ideologen haben Zeit für diese jungen Menschen und geben ihnen Halt und Anerkennung. Um ein Abdriften der Jugendlichen in die rechtsextreme Szene zu verhindern, müssen wir ihnen positive Zukunftsaussichten geben“, mahnte Julian Beywl, Geschäftsführer Ash-Sprungbrett e. V. auf der Fachtagung „Einstiegs- und Ausstiegsprozesse Rechtsextremismus“ im Bergheimer Medio. Anlass der Veranstaltung war, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ASH Sprungbrett e. V. immer häufiger mit rechtsextremen Sprüchen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen konfrontiert werden und rechte Gruppierungen wie Pro NRW und die Partei „Die Rechte“ wieder massiv agitieren. Mit dem Ziel, sich über die Strukturen und Mechanismen der rechtsextremen Szene im Rhein-Erft-Kreis zu informieren, Strategien gegen den Einstieg junger Menschen ins rechtsextremen Milieu zu entwickeln und die beteiligten Akteure im Jugendbereich besser zu vernetzen, hatte Julian Beywl die Fachtagung initiiert. Da die Rechtsextremen besonders junge Menschen im Visier haben, sieht sich ASH-Sprungbrett e.V. als Jugendhilfe- und Jugendbildungsträger besonders in der Verantwortung.

In Zusammenarbeit mit Re/init e. V. aus Recklinghausen fand am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, die Fachtagung unter Schirmherrschaft von Landrat Michael Kreuzberg statt. Unter den mehr als 80 Gästen waren zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Jugendhilfe, Jugendämtern, Schulen, Caritas, Arbeiterwohlfahrt und Politik des Rhein-Erft-Kreises.

Dezernent Dr. Christian Nettersheim von der Kreisverwaltung Rhein-Erft erinnerte an die Befreiung des Vernichtungslagers Ausschwitz-Birkenau vor genau 71 Jahren und an die sechs Millionen Opfer des Holocaust. Angesichts der Flüchtlingsfrage seien derzeit wieder „viele Rattenfänger mit einfachen Parolen“ unterwegs, daher müsse man gerade jungen Menschen Perspektiven bieten und positive Auswege zeigen. „Ich bin mir sicher, dass ASH-Sprungbrett e.V. wichtige Arbeit auf diesem Gebiet leistet. Dafür sind wir sehr dankbar.“

Einen Überblick über rechtsextreme Strukturen und Vereinigungen in Köln und dem Rhein-Erft-Kreis gab Hans-Peter Killguss von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Köln: „Die rechte Szene vor Ort ist durchaus aktiv. Es handelt sich vornehmlich um eine kleine Gruppe Neonazis, die immer wieder durch Propagandaaktionen auffällt.“ Dr. Christoph Busch vom NRW-Innenministerium erläuterte, wie geschickt rechtsextreme Gruppierungen ihre rückwärtsgewandte Ideologie für Jugendliche attraktiv machen, indem sie deren Bedürfnis nach Wertschätzung und Gemeinschaft befriedigen. Eine große Bedeutung kommt hier dem Internet zu. Dass Menschen der rechten Szene erfolgreich den Rücken kehren können, bewiesen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Aussteigerinitiative NinA NRW (nina-nrw.de).

„Wenn sich alle Verantwortlichen um die jungen Menschen bemühen und ihnen eine Zukunftsperspektive geben, Bund, Land und Kommunen die nötigen Finanzmittel bereitstellen, sich die Verantwortlichen untereinander vernetzen, dann haben Rechtsextreme keine Chance“, so Julian Beywl abschließend.

 

IMG_2493_ Dr. Christian Nettersheim, Dezernent im Bereich Schule und Weiterbildung, Familien, Generationen, Soziales und dem Gesundheitsamt der Kreisverwaltung Rhein-Erft-Kreis, sprach das Grußwort auf der Fachtagung „Einstiegs- und Ausstiegsprozesse Rechtsextremismus“ von ASH-Sprungbrett e. V.

 

 

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Julian Beywl (r.), Geschäftsführer ASH-Sprungbrett e.V., im Gespräch mit Moderatorin Cornelia Benninghoven und Veit Schmitz (l.), Leiter der Einrichtung Caritas-Jugendhilfe-Gesellschaft Haus St. Gereon.

 

Fotos: ASH-Sprungbrett e. V.